„Angstfach“ Mathe – Probleme und Hilfen

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„Ich komme in Mathe gar nicht mehr mit. Ich gebe mir wirklich Mühe, mich selbstständig hinzusetzen und zu lernen und es zu verstehen, aber ich bekomme es einfach ohne Unterstützung nicht hin. Ich habe wirklich Angst, dass ich meinen Abschluss nicht schaffen werde. Meine Mutter ist alleinerziehend und kann die Unterstützung nicht leisten”, berichtet Gordana, 15 Jahre alt, vor dem Beginn ihrer Förderung bei der Chancenstiftung.

Wie Gordana geht es auch vielen anderen Kindern und Jugendlichen. Mathematik gilt als trocken und mühsam. Für viele ist es ein sogenanntes „Angstfach“, gleichfalls das am meisten gewählte Nachhilfefach in Deutschland. Wie steht es in Deutschland um die „MINT“-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik? Ist die Abneigung und das damit verbundene schlechte Abschneiden ein Trend oder gab es eine MINT-Antipathie schon immer genau so? Sind alle Lernenden gleichermaßen betroffen? Und wo zeichnen sich gegebenenfalls Besserungen ab?

Mathematik-Leistungen im Langzeit-Abwärtstrend

Die im Dezember 2023 veröffentlichten Ergebnisse der aktuellen PISA-Studie 2022 verdeutlichen: Die Leistungen der 15-jährigen Schüler*innen sind im Fach Mathematik im Vergleich zur letzten Erhebung von 2018 weiter gesunken. Obwohl der Rückgang teilweise auf die Covid-Pandemie zurückzuführen ist, haben die durchschnittlichen Mathematik-Leistungen bereits vorher einen Abwärtstrend aufgezeigt.

Auch die aktuellen Ergebnisse des Bildungstrends 2021 des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) bestätigen diese Entwicklungen. Der IQB-Bildungstrend überprüft das Erreichen der Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz (KMK). Beim Bildungstrend wurde, zuletzt 2021,  zum 3. Mal der Primarbereich in den Fächern Mathematik und Deutsch geprüft. So entsteht ein Überblick über die Entwicklungen in Deutschland in einem 10-Jahres-Zeitraum. Der Bildungstrend zeigt: Seit 2011 haben die mathematischen Leistungen von Schüler*innen der 4. Klasse stark abgenommen. Das MINT Nachwuchsbarometer 2023 greift die Studie auf und bemisst daraus den Lernrückstand in Wochen: Grundschulkinder von heute sind stets 10 bis 13 Wochen weniger weit mit ihrem Lehrstoff als es ihre hypothetischen Klassenkamerad*innen 10 Jahre davor waren.

Stereotype Überzeugungen überwinden – Mathe-Rollenklischees ablegen

Auffallend ist der Leistungsunterschied zwischen Mädchen und Jungen. Ergebnisse des IQB-Bildungstrends 2021 zeigen, dass Geschlechterunterschiede in den letzten 10 Jahren zugenommen haben. Im Vergleich zu 2011, als der Abstand zwischen Jungen und Mädchen noch bei 9  Lernwochen lag, hat sich die Differenz im Jahr 2021 bereits auf 15 Lernwochen erhöht. Obwohl das Problembewusstsein in den letzten Jahren enorm zugenommen hat, ist die vorhandene Benachteiligung von Mädchen im Fach Mathematik nach wie vor präsent.

Studien zeigen, dass Unterschiede bei MINT-Kompetenzen nicht auf angeborene Geschlechterunterschiede zurückzuführen sind. Vielmehr spielen die geschlechtsspezifische Sozialisierung und vorherrschende Rollenklischees eine entscheidende Rolle. Sowohl Eltern als auch pädagogische Fachkräfte reproduzieren unbewusst geschlechterstereotype Annahmen, die nicht nur dazu führen, dass Jungen bei gleicher Leistung im MINT-Bereich besser eingeschätzt werden als Mädchen. Jungen erhalten auch oftmals eine intensivere Förderung als Mädchen. Dies werde durch genderspezifische Spielzeuge und Bücher weiter verstärkt. Hinzu komme, dass Mädchen ihre Fähigkeiten in MINT-Fächern eher unter- und Jungen eher überschätzen.

Es ist ein Kreislauf, in dem die genderstereotypen Annahmen von pädagogischen Fachkräften und Eltern die Leistungsunterschiede von Mädchen und Jungen verstärken, was dann vermeintlich eben diese Annahmen erneut bestätigt. Diesen Kreislauf gilt es zu durchbrechen, in dem stereotype Geschlechterrollen abgebaut werden und das Selbstvertrauen von Mädchen für den MINT-Bereich gestärkt wird.

Migrationsgeschichte: Für Leistungsunterschiede nur bedingt ein Faktor

Zwar zeigen sich zunächst markante Unterschiede, wenn man beim beschriebenen Mathe-Leistungsrückgang über Zeit noch in Kinder mit und ohne Migrationsgeschichte unterteilt. Auffällig ist dabei ein unterschiedliches Abschneiden aber nur bei Kindern mit Migrationsgeschichte in erster Generation. Dort beträgt der Rückstand laut IQB-Bildungstrend im Jahr 2021 fast 1,5 Schuljahre. Kinder der ersten Generation sind dann besonders benachteiligt, denn mit dem Rückstand an mathematischen Kompetenzen sind sie kaum anschlussfähig an die Sekundarstufe I. Betroffen sind vor allem Kinder, die seit 2015 nach Deutschland geflüchtet sind.

Zu erwähnen ist aber auch, dass im Fach Mathematik die Leistungsverluste von Kindern in zweiter Generation und Kindern ohne Migrationsgeschichte gleich groß sind. Wie wir in unserem vorherigen Artikel „Potenziale in den Köpfen aller Kinder heben“ verdeutlicht haben, hängt der Schulerfolg der zweiten Generation nicht mehr in erster Linie vom Faktor Einwanderung ab, sondern vielmehr von der sozialen Herkunft und das gilt natürlich auch im MINT-Bereich. Wenn Eltern gering qualifiziert, ohne Job oder von Armut bedroht sind, ist das für die Bildungschancen in Deutschland ein Nachteil.

Lehrkräftemangel – besondere Herausforderung bei MINT

Das Nationale MINT Forum hebt in seiner Veröffentlichung „Dem Lehrkräftemangel begegnen“ hervor, dass die Qualität des Unterrichts stark unter der hohen Anzahl fehlender Pädagog*innen leidet. Laut der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der KMK ist der Lehrkräftemangel jetzt schon eine „historische Herausforderung“ für das Bildungssystem. Die KMK schätzt, dass es im Jahr 2030 über alle Fächer hinweg an 31.000 Nachwuchslehrkräften fehlen wird, mit überdurchschnittlich stark betroffenen MINT-Fächern. Laut Nationalen MINT Forum gehen andere Quellen von weitaus höheren Zahlen aus.

Das Fehlen von Lehrpersonal gefährdet nicht nur die Unterrichtsversorgung, sondern auch maßgeblich die Qualität des Unterrichts. Forschendes und entdeckendes Lernen etwa soll die Motivation von Schüler*innen gerade auch im MINT-Bereich fördern und zu positiven Erfahrungen der Selbstwirksamkeit beitragen. Gleichzeitig löst die Methode bei Lehrer*innen Sorgen aus angesichts von Stunden-Korsetts und Benotungs-Druck. Besonders betroffen vom Lehrkräftemangel sind diejenigen, die schon jetzt, zum Beispiel wie oben beschrieben, vom deutschen Bildungssystem benachteiligt sind.

Mathematik innovativ und vielseitig gestalten geht das überhaupt?

Gibt es auch Licht bei so viel Mathe-Schatten? Laut einer Studie der Körber-Stiftung und der ZEIT aus dem Jahr 2020 war Mathematik einerseits für 26 Prozent der erwachsenen Deutschen das unbeliebteste Schulfach. 21 Prozent der Befragten benannten gleichzeitig Mathematik als ihr Lieblingsfach. Der Matheunterricht wird häufig auch deshalb als anstrengend empfunden, weil das Gelernte kaum Anwendung im Alltag findet. Nicht zuletzt sind die didaktischen Fähigkeiten der Lehrkräfte ausschlaggebend für die Begeisterung und den Erfolg des Unterrichts.

„Spaß an Mathe entsteht durch Verständnis. Es macht keinen Spaß, wenn der Lehrer nur einen Zettel austeilt und sagt, dass nächste Woche darüber eine Arbeit geschrieben wird“, sagt Daniel Jung. Jung ist ein erfolgreicher Mathe-Youtuber, der mit seinem Kanal „Mathe by Daniel Jung“ mit 923.000 Abonnent*innen eine breite Followerschaft auf YouTube hat. Jung erstellt kurze Videos zu unterschiedlichen mathematischen Problemstellungen und reagiert flexibel auf die Wünsche und Probleme von Schüler*innen. Wie Jung gibt es weitere Mathe-Influencer*innen, die auch auf Instagram oder TikTok aktiv sind. Sie verbindet der Wunsch, individuelles Lernen im eigenen Tempo zu ermöglichen und im besten Fall sogar ein wenig Freude an Mathematik zu entwickeln.

Mittlerweile gibt es verschiedene Initiativen, die auf die Förderung von Mädchen im MINT-Bereich hinarbeiten. Eine bundesweite Initiative ist beispielsweise der Girls‘ Day, der einmal im Jahr stattfindet und Mädchen ab der 5. Klasse ermöglicht, Berufe aus den Bereichen Mathematik, Informationstechnik, Naturwissenschaften und Handwerk kennenzulernen. Hierfür öffnen bundesweit teilnehmende Unternehmen und Organisationen ihre Pforten, um den Mädchen realistische Eindrücke zu verschaffen.

Förderung von Chancen- und Bildungsgerechtigkeit

Gordana konnte ihr Mathe-Problem erfolgreich überwinden. Das hat sie zwar nicht mit Daniel Jung oder anderen Mathe-Influencer*innen geschafft, aber mit der Unterstützung der Chancenstiftung. Die Nachhilfelehrerin von Gordana berichtet nach einem halben Jahr Förderung: „Gordana lernt ganz fleißig und hat sich in Mathe sehr verbessert. Sie wird ihren Abschluss schaffen und hat schon die Zusage für einen Ausbildungsplatz. Sie hat sich toll entwickelt.“.

Es ist unerlässlich, dem Lehrkräftemangel nachhaltig mit wirksamen Maßnahmen zu begegnen. Nichtsdestotrotz sind Initiativen wie die genannten wichtig, um dem Ziel von Chancen- und Bildungsgerechtigkeit in Deutschland mit jedem Kind und jedem Erfolgserlebnis ein Stückchen näher zu kommen.

Loslegen mit einem Stipendium der Chancenstiftung

Es gibt viele Gründe, warum es in der Schule mal nicht so klappt. Je größer die Probleme sind, desto wichtiger ist es, Unterstützung zu erhalten. Die beste Möglichkeit: professionelle Nachhilfe! Und genau die bieten wir mit unserem Bildungsstipendium an. Wie man sich in nur 5 Schritten bewerben kann, erklären wir hier.

Loslegen mit einem Stipendium der Chancenstiftung

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