Zum Weltkindertag beschäftigen wir uns in diesem Jahr mit dem Recht auf Bildung und dessen wichtiger Bedeutung für Kinder und Jugendliche.
Bildung ist ein Menschenrecht
Das Recht auf Bildung ist ein allgemeines kulturelles Menschenrecht. Da dieses Recht für Kinder von besonderer Bedeutung ist, wurde es in Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention bekräftigt und konkretisiert. Die Vertragsstaaten erkennen darin das Recht des Kindes auf Bildung an und verpflichten sich zu verschiedenen Maßnahmen, um es auf Grundlage der Chancengleichheit auch zu erreichen. Zu diesen Maßnahmen zählen v.a.:
- Der verpflichtende und unentgeltliche Besuch der Grundschule
- Die Förderung der Entwicklung verschiedener Formen der weiterführenden Schulen allgemeinbildender und berufsbildender Art
- Der Zugang zur Bildungs- und Berufsberatung für alle Kinder
- Die Förderung von Maßnahmen für den regelmäßigen Schulbesuch
Das Recht auf Bildung ist aber nicht nur ein eigenständiges Menschenrecht, sondern auch der Schlüssel für den Zugang zu weiteren Menschenrechten. Denn Bildung ist die Grundlage dafür, dass Menschen ihre Rechte verstehen und ausüben können. Das wiederum ist eine wichtige Voraussetzung für eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft. Dabei werden bildungs- und sozialpolitische Themen in Deutschland bisher kaum unter dem Begriff der Menschenrechte diskutiert. Das Deutsche Institut für Menschenrechte weist aber darauf hin, dass das Gleichheitsgebot dem Recht auf Bildung immanent ist. Das heißt auch, dass das Recht auf Bildung einen Schutz vor jeglicher Form der Diskriminierung beinhaltet.
Das deutsche Bildungssystem auf dem Prüfstand
Bereits 2007 veröffentlichte der damalige UN-Sonderberichterstatter, Vernor Muňoz, seinen Bericht zum Umsetzungsstand des Rechts auf Bildung in Deutschland. Darin weist er insbesondere auf soziale und ökonomische Benachteiligungen hin und hält fest, dass der Bildungserfolg von Kindern in Deutschland stark von deren sozialer Situation abhänge. Besonders stark betroffen seien Kinder, die in Armut leben, einen Migrationshintergrund haben oder eine Behinderung. Auch 16 Jahre später hat dieses Fazit nicht an Gültigkeit verloren. Das Institut für Menschenrechte hält fest, dass sich hinter der Aufgabe der inklusiven Bildung „eines der größten bildungspolitschen Reformvorhaben der kommenden Jahrzehnte“ verbirgt. Vor allem Menschen mit Migrationshintergrund haben stark eingeschränkte Bildungschancen in Deutschland, worauf zuletzt die PISA-Studie aufmerksam gemacht hat. Dabei spielt zum einen das besondere Armutsrisiko von Familien mit Migrationshintergrund eine Rolle, als auch die unzureichende Berücksichtigung besonderer Lernbedürfnisse und Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund durch das Schulsystem.
Bildungschancen von Kindern – ein diskriminierungsfreier Zugang zu Bildung
Als wäre die Herausforderung nicht groß genug, hat die Pandemie bestehende Ungleichheiten weiter verstärkt und bewirkt, dass die Bildungsschere nochmal größer geworden ist. Viele Familien und ihre Kinder sind beim Lernen zu Hause an ihre Grenzen gestoßen. Besonders betroffen waren aber diejenigen, die schon vor der Pandemie benachteiligt waren, weil es an materiellen Voraussetzungen, nötiger Unterstützung oder einer guten Lernumgebung gemangelt hat. An dieser Stelle muss die Politik ansetzen und faktische Diskriminierungen durch angemessene Maßnahmen beseitigen.
Recht auf Bildung am Weltkindertag
Die Geburtsstunde des Weltkindertages war im Jahr 1954. Damals empfahlen die Vereinten Nationen die Etablierung eines internationalen Tages für Kinder, um auf deren Bedürfnisse und Rechte aufmerksam zu machen. Heute feiern mehr als 145 Staaten weltweit den Weltkindertag jedes Jahr am 20. September. In diesem Jahr steht er unter dem Motto „Jedes Kind braucht eine Zukunft!“. Hinter diesem Motto steht die Forderung nach mehr politischem Engagement, auch für die Stärkung strukturell benachteiligter Kinder, wie Kinder mit Migrationshintergrund oder mit Behinderung.
Zum Weltkindertag machen bundesweit zahlreiche Initiativen mit lokalen Demonstrationen, Festen und anderen Veranstaltungen auf die Situation von Kindern und deren Zukunft aufmerksam. Auch die Chancenstiftung macht sich für das Recht auf Bildung stark. Am 8. September lud sie gemeinsam mit der Crespo Foundation zur Veranstaltung „Gemeinsam stark für gute Bildung“ nach Frankfurt ein – und widmete sich mit Akteur*innen des Bildungssystems der Frage: Wie erreichen wir Chancengerechtigkeit und Bildungserfolg für alle Kinder in Deutschland? Mit dabei war auch die Beauftragte für Kinder- und Jugendrechte des Landes Hessen, Miriam Zeleke. Nachdem sie zuvor bereits auf Instagram ausgeführt hatte, der Weltkindertag sei „deshalb so wichtig, weil es damit einen Anlass gibt, über die Situation von Kindern und Jugendlichen in Deutschland zu sprechen und sie in den Mittelpunkt zu stellen.“, ging sie im Rahmen von „Gemeinsam stark für gute Bildung“ noch weiter ins Detail: „Wir müssen als Erwachsene verstehen, dass wir nur partnerschaftlich mit Kindern und Jugendlichen gemeinsam gestalten können und dass es nicht darum geht, die eigenen Vorstellungen zu übertragen, sondern in advokatorischer Ethik miteinander Gesellschaft zu gestalten und Kindern als Expert*innen ihrer Lebenswelt auch absolut und unbedingt etwas zuzutrauen. Denn sie wissen es am besten“.
Als Chancenstiftung möchten auch wir auf den Weltkindertag als besonders wichtigen Tag aufmerksam machen. Wir machen uns stark für das Recht auf einen diskriminierungsfreien Zugang zur Bildung. Dabei weisen wir noch einmal hin auf die enge Verflechtung zwischen Bildung und dem Zugang zu weiteren Menschenrechten, nicht nur für Kinder, die letztlich darauf aufbauen.